Mariastein
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(aus Wikipedia)
Paulus von Tarsus (griechisch Παῦλος, hebräischer Name שָׁאוּל Scha'ul, davon lateinisch Saulus; † um 65, vermutlich in Rom) war nach dem Neuen Testament (NT) ein erfolgreicher Missionar des Urchristentums und einer der ersten Theologen der Christentumsgeschichte. In manchen christlichen Konfessionen gilt er als Heiliger.
Als griechisch gebildeter Jude und gesetzestreuer Pharisäer verfolgte Paulus zunächst die Anhänger des gekreuzigten Jesus von Nazaret, dem er nie begegnet war. Doch seit seiner Bekehrung verstand er sich als von Gott berufener “Apostel des Evangeliums für die Völker”. Als solcher verkündete er vor allem Nichtjuden den auferstandenen Jesus Christus. Dazu bereiste er den östlichen Mittelmeerraum und gründete dort einige christliche Gemeinden. Durch die Paulusbriefe blieb er mit ihnen in Kontakt.
Diese ältesten erhaltenen NT-Schriften haben christliche Theologen wie Augustinus von Hippo, Martin Luther und Karl Barth sowie Philosophen wie Sören Kierkegaard oder Karl Jaspers geprägt und damit die europäische Geistesgeschichte stark beeinflusst. Seit der Aufklärung sehen viele Denker in Paulus den eigentlichen Gründer des Christentums. Seine neue Lehre enthält in wichtigen Teilen Aspekte der griechischen Philosophie (Logostheologie) und des persischen Dualismus (Zoroastrismus; vgl. Gal 5,19 f.: “sündiges Fleisch”, Ursünde), die er mit Eigeninterpretationen der jüdischen Lehre zur so sprichwörtlich gewordenen paulinischen Theologie vermischt. Besonders wichtig für die Entwicklung des Christentums ist die paulinische Lehre von der Rechtfertigung des Menschen und seiner Versöhnung mit Gott (Röm 5,1) sowie seine Sündentheologie, welche als Grundlage der späteren kirchlichen Erbsündenlehre gilt. Diese Themen wurden in unterschiedlichen Interpretationen Grundbausteine für den Glauben vieler christlicher Kirchen.
Siehe auch:
⇒ Wikipedia
http://de.wikipedia.org/wiki/Paulus_von_Tarsus.
Im Neuen Testament werden Paulus dreizehn Briefe namentlich zugeschrieben. Für mindestens sieben davon — Röm, 1 Kor, 2 Kor, Gal, Phil, 1 Thess, Phlm — erkennt die heutige historisch-kritische Forschung seine Autorenschaft an. Sie wurden zwischen 50 und 60 verfasst und sind die Hauptquelle für Biografie, Theologie und Missionstätigkeit des Paulus.
Von den paulinischen Missionsreisen berichtet ausserdem die Apostelgeschichte (Apg) des Lukas. Sie wurde einige Jahrzehnte nach den geschilderten Ereignissen verfasst und will in erster Linie eine idealtypische Ausbreitung des christlichen Glaubens darlegen. An historischen Abläufen ist sie weniger interessiert. Deshalb gilt sie nicht durchgehend als historisch verlässlich. Dennoch bestätigt und ergänzt sie einige biografische und theologische Angaben der Paulusbriefe.
Schliesslich existieren einige der paulinischen Theologie nahestehenden Briefe: Eph, Kol, 2 Thess, 1 Tim, 2 Tim, Tit und Hebr. Sie wurden zwischen 70 und 100 von einer Schülergeneration des Paulus verfasst und ermöglichen Rückschlüsse auf die Auffassung und Wirkung seiner Theologie.
Ausserchristliche Quellen zu Leben und Werk des Paulus sind nicht bekannt.
Paulus-Säule aus Malta
Paulus-Säule aus Malta
Nach Apg 22,3 stammte Paulus aus einer strenggläubigen jüdischen Familie aus Tarsus in der damaligen römischen Provinz Kilikien, einem Landstrich in der heutigen Südtürkei im Grenzgebiet zu Syrien. Diese Hafenstadt war damals ein bedeutendes Handelszentrum mit einer grösseren jüdischen Diasporagemeinde, wie es sie in vielen Küstenstädten des Mittelmeerraums gab. Wie Paulus bzw. seine Familie nach Tarsus kam, ist ungeklärt. Die Eltern des Paulus sollen nach der historisch nicht belegten Überlieferung des Kirchenvaters Hieronymus aus dem galiläischen Gischala stammen und seien, als die ganze Provinz von römischer Hand verwüstet wurde, in die Stadt Tarsus in Kilikien verschlagen worden. Der noch ganz junge Paulus habe das Schicksal seiner Eltern geteilt.
Von seinem Vater erbte Paulus nach Apg 16,37; Apg 22,28 das römische Bürgerrecht, das nur eine Minderheit der jüdischen Reichsbewohner besass. Darauf soll er sich — nach Lukas — später in Konflikten um seine Mission erfolgreich berufen haben. So zum Beispiel bei seiner Gefangennahme im Tempel in Jerusalem (Apg 21,37-40; Apg 22,23-30).
Lukas führt ihn mit dem jüdischen Vornamen Saulus ein (Apg 7,58; Apg 8,1.3), der von Saul (hebräisch שָׁאוּל), dem ersten König Israels, abgeleitet ist. Wie dieser stammte seine Familie aus dem Stamm Benjamin (1 Sam 9,1), der als der kleinste der Zwölf Stämme Israels galt. Zur Erklärung des Namens Paulos (griechisch παΰλος, lateinisch paulus oder paullus bedeutet “klein”, Paulus wörtlich “der Kleine”) werden verschiedene Hypothesen diskutiert, darunter, dass “die Namensverleihung mit persönlichen Beziehungen des Vaters des Paulus, etwa mit seinem Patronus, zusammenhängen mag”. Danach wäre Paulus Bestandteil eines römischen Namens. Paulus selbst verwendete ihn immer in seinen Briefen.
Lukas erwähnt den Doppelnamen beiläufig erst in Apg 13,9, als Paulus bei einer Missionsreise im Zusammenhang mit der Bekehrung des Statthalters von Zypern Sergius Paulus den Magier Elymas blendete. Saulus wechselte seinen Namen also nicht wegen seiner Bekehrung und Taufe zum christlichen Glauben, wie es die bekannte Redewendung vom Saulus zum Paulus irrtümlich nahelegt, sondern trug beide Namen seit seiner Geburt. Mehrsprachige Vor- oder Doppelnamen waren damals unter Diasporajuden und bei römischen Namen üblich. Allerdings war der Name Paulus unter ihnen sehr selten, er kam jedoch zum Beispiel bei der patrizischen Gens der Aemilier in Rom häufiger vor.
“Was den Namen ‘Paulus’ anbelangt, so muss man sagen, dass er bei Römern nicht sehr häufig, bei Nichtrömern jedoch vor allem im griechischen Osten extrem selten war, und bei Juden sonst überhaupt nicht vorkommt.” – Martin Hengel |
Paulus selbst betonte zwar den völligen Wesenswandel, der ihm durch Jesus Christus widerfuhr, brachte diesen aber nicht mit einem Namenswechsel in Verbindung. Er verwahrte sich entschieden dagegen, diesen Wandel als Aufgabe seines Judeseins misszuverstehen. Gegenüber innerchristlichen Gegnern hob er seine jüdische Abstammung später immer wieder hervor (zum Beispiel Phil 3,5):
“… einer aus dem Volk Israel, vom Stamme Benjamin, ein Hebräer von Hebräern, nach dem Gesetz ein Pharisäer” |
Demnach wurde Paulus wohl schon in seiner Jugend zu einem Thoralehrer ausgebildet. Obwohl in Tarsus geboren, wuchs er laut Apg 22,3 in Jerusalem auf und wurde dort vom damals berühmten Rabban Gamaliel Ⅰ. unterrichtet. Seine Briefe zeigen sowohl solide Kenntnisse des Tanach als auch hellenistischer Rhetorik, Redeformen und Briefschemata. Sie gebrauchen viele Begriffe der hellenistischen Popularphilosophie, besonders der Stoa; zugleich grenzte sich Paulus als Christ später bewusst von der im Diasporajudentum gepflegten Weisheit ab (1 Kor 2,1–4). Die von Lukas stilisierte Paulusrede auf dem Areopag (Apg 17) wird daher als spätere apologetische Umdeutung genuin paulinischer Kreuzestheologie beurteilt.
Nach jüdischem Brauch lernte Paulus neben seiner Schriftausbildung auch das Handwerk des Zeltmachers, vergleichbar mit dem des Teppichwebers (Apg 18,3). Mit dieser Tätigkeit verdiente er auch später als christlicher Missionar seinen Lebensunterhalt.
Paulus vertrat bis zu seiner Bekehrung einen strengen Pharisäismus, der verlangte, dass auch Proselyten (zum Judentum übergetretene Nichtjuden) zu beschneiden seien (vgl. Apg 15,5). Er verstand sich als “Eiferer für das Gesetz” (Gal 1,14), der dessen Vorschriften auch gegenüber Mitjuden vorbildlich erfüllt habe (Phil 3,6). In diesem Streben wurde er ein erbitterter Gegner jener hellenistischen Judenchristen, die in der jüdischen Diaspora missionierten und dabei neugetauften Heidenchristen die Befolgung der Thora erleichterten, indem sie auf deren Beschneidung verzichteten.
Laut Lukas beaufsichtigte Paulus sogar im Auftrag des Sanhedrin die vorschriftsmässige Steinigung des ersten christlichen Märtyrers Stephanus (Apg 7,58 ff.). Dieser erscheint als Wortführer jener Gruppe von Hellenisten, die in der Jerusalemer Urgemeinde als erste mit der Heidenmission begannen, den Tempelkult ablehnten und dadurch in Konflikt mit den sadduzäischen Tempelpriestern gerieten.
Wo er über seine frühere Christenfeindschaft berichtet, betont er, er sei erst drei Jahre nach seiner Bekehrung erstmals nach Jerusalem gereist, die Gemeinden Judäas hätten ihn vorher nicht gekannt (Gal 1,18.22). Die Verfolgung galt also wohl nur den jüdischen Mitgliedern der hellenistischen Christengemeinden ausserhalb Palästinas, die die Thora nicht streng befolgten.
Die Bekehrung des “Saulus” —
Bildtafel mit dem zentralen Bildmotiv des Altars des
nordspanischen Einsiedlerklosters Ayerbe
Die Bekehrung des Paulus
in der Interpretation Caravaggios
[Michelangelo Merisi] um 1600
Die Bekehrung des “Saulus” —
Bildtafel mit dem zentralen Bildmotiv des Altars des
nordspanischen Einsiedlerklosters Ayerbe
Die Bekehrung des Paulus
in der Interpretation Caravaggios
[Michelangelo Merisi] um 1600
Paulus selbst erwähnt seine Begegnung mit dem auferstandenen Jesus Christus mehrmals (Gal 1,15-19; Phil 3,7–12; 1 Kor 15,8–9; 2 Kor 4,1.5–6), schildert aber nur deren Inhalte und Wirkungen, nicht den Vorgang: Gott habe schon vor seiner Geburt entschieden, ihm seinen Sohn zu offenbaren und ihn zum Völkerapostel zu berufen (Gal 1,15). Er betont, er sei seinem Auftrag drei Jahre lang gefolgt und habe erst dann die Jerusalemer Urgemeinde besucht (Gal 1,17-19). Man nimmt an, dass er dort das schon fixierte urchristliche Glaubensbekenntnis mit der Liste der Auferstehungszeugen übernahm, das er in 1 Kor 15,3–7 zitierte und ergänzte (Vers 8):
“Zuletzt von allen ist er auch von mir, einer Missgeburt, gesehen worden. Denn ich bin der Geringste unter den Aposteln, der ich nicht wert bin, ein Apostel zu heissen, weil ich die Gemeinde Gottes verfolgt habe.” |
Paulus stellte seine Berufung also in die Reihe der älteren Christuserscheinungen, von denen ihm die Augenzeugen wohl bei seinem ersten Jerusalembesuch berichteten. Welcher Art diese waren, erfährt man nicht. Der formelhafte Ausdruck ōphthē (ὤφθη ‘gesehen worden’, ‘erschienen’) verweist auf Visionen, die wie in der jüdischen Apokalyptik als von Gott offenbarte Vorwegnahme endzeitlicher Ereignisse erfahren und weitergegeben wurden (zum Beispiel Dan 7,1–14). Denn Paulus schloss hier sein berühmtes Kapitel über die Totenauferstehung an, einen Glauben, den er mit Pharisäern, Zeloten und Essenern teilte.
Gottes Berufung, Erkenntnis Jesu Christi als Sohn Gottes, Selbsterkenntnis als Sünder, der besondere Auftrag zur Völkermission und die Gewissheit der endzeitlichen Totenerweckung bildeten für Paulus also eine untrennbare Einheit. Er betonte daher, dass das von ihm verkündete Evangelium „nicht menschlicher Art“ sei (Gal 1,11), sondern eine unmittelbar von Gott geoffenbarte an ihn gerichtete Botschaft.
Die Apostelgeschichte beschreibt die äusseren Umstände seiner Berufung mit einem Erzählbericht (Apg 9,1–18) sowie zwei stilisierten Eigenreden des Paulus (Apg 22,6–16 und Apg 26,12-18). Dadurch stellt sie seine Berufung als Bekehrungserlebnis dar. Dabei widersprechen sich die Versionen: Nach Apg 9,7 sah nur Paulus ein Licht, seine Begleiter hörten nur eine Stimme. Nach Apg 22,9 sahen sie das Licht, hörten aber keine Stimme.
Es ist anzunehmen, dass Paulus selber ungern über seine epileptischen Anfälle berichtet hat, die er und die damalige Medizinwissenschaft noch nicht erklären konnten. Auch seine in seinen heutigen Biografien geschilderten Halluzinationen passen in dieses Krankheitsbild.
Siehe auch: ⇒ Christliche Autorenwww.christliche-autoren.de/paulustext.html.
Nach dem Herrn Jesus selbst, ist der Apostel Paulus sicherlich die bedeutendste Persönlichkeit des Neuen Testamentes. Man muss es nur einmal aufschlagen, um sofort ein Bild zu bekommen von der überragenden, geistlichen Bedeutung dieses Mannes. Drei Viertel der Apostelgeschichte handeln von ihm und wir finden in der Bibel 13 Briefe von ihm vor. Von vier Evangelisten haben zwei (Markus & Lukas) längere Zeit zum Mitarbeiterstab des Paulus gehört.
Die Schriften von Paulus, die wie alles in der Bibel direkt von Gott inspiriert sind, hatten und haben grössten Einfluss auf die Kirchengeschichte und unseren Glauben. Martin Luther wäre sicher nie der Reformator der Kirche geworden, wenn er nicht in der Verzweiflung seines Herzens auf die Briefe des Apostel Paulus gestossen wäre. Hier hat er die Worte gefunden, die Grundlage wurden für seine Umkrempelung der damaligen verstockten und in Gesetzlichkeit erstarrten Kirche.
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Erich Brauchli
Erich Brauchli
(erich@brauchli.eu)
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