Zürcher Unterländer vom 2. Juli 2009
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Die Kirchturmkugel auf dem Weg zur Turmspitze. Zeichnungen von Viertklässlern lagern jetzt in der goldenen Zeitkapsel. (Foto: dma) |
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Die Kirchturmkugel auf dem Weg zur Turmspitze. Zeichnungen von Viertklässlern lagern jetzt in der goldenen Zeitkapsel. (Foto: dma) |
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Niederweningen Kugel und Zeitkapsel auf dem Kirchturmspitz wieder auf ihrem Platz
Dominique Marty
In Blattgold verkleidet, schimmert die frisch restaurierte Turmkugel der Kirche Niederweningen in der Sonne. «Nicht berühren», ermahnt René Bugmann von der Kirchenpflege die Mädchen und Jungen der 4. Klasse. «Wenn Schweiss von den Fingern auf die Kugel kommt, wird diese zu schnell wieder schwarz.» Gestern morgen haben Arbeiter die Turmkugel nach wenigen Wochen Sanierung wieder auf der Kirchenspitze montiert. Davor aber bestückte die Kirchenpflege die Kugel, die als Zeitkapsel dient, mit Dokumenten und Gegenständen aus der heutigen Zeit. Die Niederweninger Viertklässler haben im Religionsunterricht Zeichnungen angefertigt. «Die Entstehung der Welt war das Thema», erzählt Leandra Flury. Hätte sie das Thema selbst wählen können, meint sie am Rande, hätte sie sich bestimmt ein lustigeres Motiv ausgesucht. Dennoch ist die Viertklässlerin stolz darauf, dass ihr Werk von nun an in der Kugel schlummert und wohl erst in einigen Jahrzehnten von einer künftigen Generation entdeckt wird. Die Zeichnungen liegen zusammengerollt in einem zylinderförmigen Metallkörper. «Der ist verschweisst und vermutlich kugelsicher», sagt Bugmann. Als die Kirchenpflege im Mai die Turmkugel runtergeholt und die Zeitkapsel geöffnet hat, war diese durchschossen («ZU»/«NBT» berichteten). Die Dokumente, welche die Kirchensanierer vor gut 60 Jahren darin hinterlassen haben, waren feucht geworden. Bis heute hat niemand die Schriften entziffert.
Neben den Zeichnungen sperrte René Bugmann ein Handy in die Metallkassette. «Das ist ein typischer Gegenstand der heutigen Zeit», erklärt er. Zudem hat er Zeitungsartikel des «Zürcher Unterländers», die Broschüre zum pädagogischen Schulkonzept Wehntal, den Festführer vom Zürcher Unterländer Musiktag und Informationen über die Kirche Niederweningen eingepackt. Und: Eine Speicherkarte mit Hunderten von Bildern von Niederweningen. Fraglich bleibt nur, ob die gespeicherten Daten wirklich erhalten bleiben.
«Die Zeitkapsel ist ja gross genug», meint Felix Wittwer vom Verein für Ortsgeschichte Niederweningen und blickt auf die Kugel, die einen Durchmesser von 1,2 Metern hat. In der Hand hält Wittwer ein Geschichtsbuch und mehrere Publikationen über Niederweningen, die er der künftigen Generation hinterlassen will. Die Öffnung der Kugel aber ist nur wenige Zentimeter gross. Das Buch muss daher draussen bleiben. Dafür packt Rudolf Hauser vom Mammutmuseum Niederweningen schnell noch ein kleines Plastikmammut für die Nachwelt in die Kapsel.
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