Sola 1961 — Val Bavona

Der Maggia-Express

Der Maggia-Express

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«La Valmaggina»

Die Bahn im Maggiatal

Vorweg sei be­merkt, dass es nichts mit dem Hos­piz-Lager im Mag­gia-Tal zu tun hat­te, dass der Mag­gia-Ex­press kurz nach die­sem La­ger ab­ge­bro­chen und durch eine Bus­linie er­setzt wur­de (1965).

Die Bahn führte vom Bahn­hof­platz in Lo­car­no zu­sam­men mit der Cen­to­val­li-Li­nie bis nach Pon­te Brol­la und von da auf einem eige­nen, ver­alte­ten Tras­see bis nach Bi­gna­sco. Eigent­li­che Bahn­hö­fe gab es in Lo­car­no (Bahn­hof FFS), in Lo­car­no-S.An­to­nio (mit Di­rek­ti­on und De­pots für bei­de Bah­nen), Pon­te Brol­la und in Ce­vio. Al­les an­de­re wa­ren ein­fa­che Hal­te­stel­len mit bes­ten­falls einem klei­nen Un­ter­stand wie bei Tram­hal­te­stel­len, so­gar die End­sta­tion in Bi­gna­sco hat­te nur ein klei­nes Ka­bäus­chen, in dem zu ge­wis­sen Ta­ges­zei­ten ein Be­am­ter aus Ce­vio Bil­let­te ver­kauf­te und Gü­ter­wa­gen ab­fer­tig­te.

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Eine auf­fäl­li­ge Be­son­der­heit dieser Bahn waren die Strom­lei­tun­gen und Strom­ab­neh­mer. Von Lo­car­no bis Pon­te Brol­la, d.h. auf der ge­mein­sa­men Strec­ke mit der Cen­to­val­li-Bahn, war al­les ganz nor­mal, mit einem ganz üb­li­chen Strom­ab­neh­mer (einem Pan­to­gra­phen). Doch ab Pon­te Brol­la durch das gan­ze Mag­gia-Tal war die Fahr­lei­tung seit­lich ne­ben dem Ge­lei­se und ein ru­ten­för­mi­ger Strom­ab­neh­mer drück­te (aus­ser bei Wei­chen) von oben auf den Fahr­draht (sie­he Fo­to ne­ben­an).

Dadurch ent­stand beim Über­gang gleich nach Pon­te Brol­la eine sehr ge­fähr­li­che Si­tua­ti­on. Nach der dor­ti­gen Sta­ti­on muss­te der Zug durch einen kur­zen Tun­nel und über die Mag­gia-Brüc­ke An­lauf neh­men und dann den einen Strom­ab­neh­mer sen­ken. Gleich nach der Brüc­ke, in un­über­sicht­li­cher Po­si­ti­on, fuhr der Zug im Leer­lauf über einen un­be­wach­ten Bahn­über­gang über die Mag­gia­ta­ler Haupt­stras­se. Erst auf der an­de­ren Sei­te konn­te der an­de­re Strom­ab­neh­mer ge­ho­ben wer­den. Über die Si­cher­heit an die­sem Bahn­über­gang schwei­gen wir laut und deut­lich.

Details zur ein­ge­stell­ten Bahn­li­nie: sie­he www.eingestellte-bahnen.ch/21901/21985.html («LPB» = Lo­car­no - Pon­te Brol­la - Bi­gna­sco, ab 1.1.1952 über­nom­men von «FART», in Be­trieb 2.9.1907 bis 29.11.1965)

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Anekdote

Im Früh­jahr 1961 hat­te ich meine RS zu über­ste­hen. Da­durch konn­te ich an der ge­mein­sa­men Re­kog­nos­zie­rung der La­ger­lei­tung nicht teil­neh­men. So nutz­te ich den Ur­laub am letz­ten Sonn­tag in der RS, um (da­mals noch in Uni­form mit einem 5-Fran­ken-Bil­let) den per­sön­li­chen Augen­schein nach­zu­ho­len. Wir hat­ten zwar strik­ten Be­fehl, an dem Wo­chen­en­de nach hau­se zu fah­ren und die Uni­form auf­zu­bü­geln, weil in der letz­ten Wo­che ir­gend so ein Ab­schluss-De­fi­lée statt­fin­de. Das So­la war na­tür­lich wich­ti­ger! Doch dann pas­sier­te es. Ich nahm in Bi­gna­sco den letz­ten Zug, mit dem ich noch An­schluss hat­te, um zur be­foh­le­nen Zeit in die Ka­ser­ne Em­men ein­zu­rücken.

Anfänglich sah nichts nach Pro­ble­men aus. Doch in Lo­car­no-S.An­to­nio hielt der Zug sehr lan­ge; Lok­füh­rer und Kon­duk­teur ver­schwan­den im Bahn­hofs­ge­bäu­de. Lang­sam wur­de mir klar, der An­schluss über den Gott­hard war nicht mehr zu krie­gen. Dann wur­den auch die an­de­ren Pas­sa­gie­re un­ge­dul­dig. Ir­gend­wann kam dann der Kon­duk­teur zu­rück und er­klär­te uns, dass sie heu­te (oh­ne An­ga­be eines Grun­des) nicht mehr bis zum SBB Bahn­hof füh­ren. Und weg weg er wie­der. Nie­mand war da, der mir die ob­li­ga­te Be­stä­ti­gung hät­te ge­ben kön­nen. Mit et­was mul­mi­gem Ge­fühl reis­te ich zu­rück. Doch dann war ir­gend ein Chaos in der Ka­ser­ne; nie­mand pass­te auf, und schwups war ich drin­nen oh­ne Thea­ter.

Erich Brauchli v/o Chüngel


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