Auss_309
«La Valmaggina»
Vorweg sei bemerkt, dass es nichts mit dem Hospiz-Lager im Maggia-Tal zu tun hatte, dass der Maggia-Express kurz nach diesem Lager abgebrochen und durch eine Buslinie ersetzt wurde (1965).
Die Bahn führte vom Bahnhofplatz in Locarno zusammen mit der Centovalli-Linie bis nach Ponte Brolla und von da auf einem eigenen, veralteten Trassee bis nach Bignasco. Eigentliche Bahnhöfe gab es in Locarno (Bahnhof FFS), in Locarno-S.Antonio (mit Direktion und Depots für beide Bahnen), Ponte Brolla und in Cevio. Alles andere waren einfache Haltestellen mit bestenfalls einem kleinen Unterstand wie bei Tramhaltestellen, sogar die Endstation in Bignasco hatte nur ein kleines Kabäuschen, in dem zu gewissen Tageszeiten ein Beamter aus Cevio Billette verkaufte und Güterwagen abfertigte.
Eine auffällige Besonderheit dieser Bahn waren die Stromleitungen und Stromabnehmer. Von Locarno bis Ponte Brolla, d.h. auf der gemeinsamen Strecke mit der Centovalli-Bahn, war alles ganz normal, mit einem ganz üblichen Stromabnehmer (einem Pantographen). Doch ab Ponte Brolla durch das ganze Maggia-Tal war die Fahrleitung seitlich neben dem Geleise und ein rutenförmiger Stromabnehmer drückte (ausser bei Weichen) von oben auf den Fahrdraht (siehe Foto nebenan).
Dadurch entstand beim Übergang gleich nach Ponte Brolla eine sehr gefährliche Situation. Nach der dortigen Station musste der Zug durch einen kurzen Tunnel und über die Maggia-Brücke Anlauf nehmen und dann den einen Stromabnehmer senken. Gleich nach der Brücke, in unübersichtlicher Position, fuhr der Zug im Leerlauf über einen unbewachten Bahnübergang über die Maggiataler Hauptstrasse. Erst auf der anderen Seite konnte der andere Stromabnehmer gehoben werden. Über die Sicherheit an diesem Bahnübergang schweigen wir laut und deutlich.
Details zur eingestellten Bahnlinie: siehe www.eingestellte-bahnen.ch/21901/21985.html («LPB» = Locarno - Ponte Brolla - Bignasco, ab 1.1.1952 übernommen von «FART», in Betrieb 2.9.1907 bis 29.11.1965)
Im Frühjahr 1961 hatte ich meine RS zu überstehen. Dadurch konnte ich an der gemeinsamen Rekognoszierung der Lagerleitung nicht teilnehmen. So nutzte ich den Urlaub am letzten Sonntag in der RS, um (damals noch in Uniform mit einem 5-Franken-Billet) den persönlichen Augenschein nachzuholen. Wir hatten zwar strikten Befehl, an dem Wochenende nach hause zu fahren und die Uniform aufzubügeln, weil in der letzten Woche irgend so ein Abschluss-Defilée stattfinde. Das Sola war natürlich wichtiger! Doch dann passierte es. Ich nahm in Bignasco den letzten Zug, mit dem ich noch Anschluss hatte, um zur befohlenen Zeit in die Kaserne Emmen einzurücken.
Anfänglich sah nichts nach Problemen aus. Doch in Locarno-S.Antonio hielt der Zug sehr lange; Lokführer und Kondukteur verschwanden im Bahnhofsgebäude. Langsam wurde mir klar, der Anschluss über den Gotthard war nicht mehr zu kriegen. Dann wurden auch die anderen Passagiere ungeduldig. Irgendwann kam dann der Kondukteur zurück und erklärte uns, dass sie heute (ohne Angabe eines Grundes) nicht mehr bis zum SBB Bahnhof führen. Und weg weg er wieder. Niemand war da, der mir die obligate Bestätigung hätte geben können. Mit etwas mulmigem Gefühl reiste ich zurück. Doch dann war irgend ein Chaos in der Kaserne; niemand passte auf, und schwups war ich drinnen ohne Theater.
Erich Brauchli v/o Chüngel
Sende ein E-mail an Erich Brauchli v/o Chüngel (erich@brauchli.eu) für Kommentare jeder Art, für hochauflösende elektronische Kopie oder Papier-Abzüge.